Zumindest mir ging es so: früher war ich gerne und oft einfach nur mit dem Fernglas draußen unterwegs, ohne groß Gepäck und Vorstellungen an das Licht. Sobald ich aber mit dem Fotografieren angefangen hatte, hat sich das ziemlich verändert. Die Kamera musste eigentlich immer mit, ganz egal ob das Licht jetzt für Fotos geeignet war oder auch nicht. Das ist eigentlich sehr schade und ich versuche inzwischen immer mehr, wieder einfach nur mit Fernglas oder ähnlichem loszuziehen.

Abgesehen von der offensichtlichen physischen Belastung durch das ganze Fotoequipment (selbst meine M50 mit 70-200mm f4 wiegt über ein Kilogramm), geht es mir ganz konkret auch um die psychische Belastung. Wenn ich schon so viel mitschleppe, mir die Zeit nehme, mich irgendwo für ein paar Stunden hinzusetzen/-stellen, die ganze Zeit über versuche möglichst aufmerksam zu sein und mich zu konzentrieren, hätte ich es natürlich schon ganz gerne, wenn dann am Ende auch ein Foto herauskommt, mit dem ich zufrieden bin.

Zwar nicht ganz ohne Kamera, aber ohne Teleobjektiv unterwegs

Dass das natürlich nicht immer der Fall sein kann, weiß jeder Naturfotograf, an manchen Tagen passiert einfach nichts und man kommt mit einer leeren Speicherkarte und einem vollen Akku wieder nach Hause. Theoretisch könnte man jetzt trotzdem zufrieden sein und sich über die Zeit in der Natur freuen, aber seien wir mal ehrlich, das fällt schon eher schwer.

Umso erleichternder ist es für mich, einfach nur mein Fernglas einzupacken und mich damit auf den Weg zu machen. Man muss nicht so nahe an die Tiere herankommen um schöne Beobachtungen zu haben (auch wenn das natürlich immer ein besonderes Gefühl und damit willkommen ist), das Licht muss nicht optimal sein und auch die Reaktionszeit ist nicht so begrenzt wie wenn man ein Foto haben will. Dazu kommt aber natürlich auch noch, dass man sich weder um den Fokus noch um die Belichtung Gedanken machen kann, die Schärfeebene bei einem Fernglas ist recht groß und die Belichtung regeln unsere Augen ganz automatisch für uns, und im Normalfall ist trotzdem nie etwas wirklich falsch belichtet.

Natürlich ärgert man sich am Ende vielleicht etwas, wenn man ein tolles Erlebnis hatte und dann kein Foto davon mitbringen konnte weil die Kamera gut aufgehoben zuhause im Schrank liegt, diese Gedanken kommen mir aber zumindest meistens erst im Nachhinein und geben mir so viel mehr die Gelegenheit, die Situation zu genießen. Das sorgt dann auch für viel lebhaftere Erinnerungen, sodass man zumindest im eigenen Kopf lange noch ein Bild der Situation bewahren kann.

Gerne nutze ich solche Stunden in der Natur aber auch dafür, dass ich nur ein kleines Notizbuch und einen Stift dabei habe, um endlich mal wieder Ordnung in meine vom Alltag stets ein bisschen ins Chaos gestürzten Gedanken zu bringen. Auch vor großen Entscheidungen hilft es mir, mich auf ganz besondere Art und Weise auf die anstehende Frage zu konzentrieren und tief in mir die richtige Entscheidung zu finden. Das ist vielleicht auch der Grund, warum ich mir ein Leben in der Großstadt nicht vorstellen kann, da es viel schwieriger ist, dort wirklich Ruhe zu finden.

Ich bin froh, inzwischen zu der Erkenntnis gekommen zu sein, dass es nicht immer das oberste Ziel sein sollte, auch unbedingt ein Foto des Erlebten zu haben, sondern dass ich auch wieder die Zeit einfach so genießen kann. Ich bin zwar in der Hinsicht auch noch weit weg von der Perfektion, aber kann stetig an mir arbeiten.