Ende letzten Jahres habe ich mir einen Traum wahr gemacht und mir endlich eine Tele-Festbrennweite, die ein bisschen größer als mein 300mm f4 ist, gekauft. Die Wahl fiel wegen der besseren Verfügbarkeit/dem besseren Angebot auf das Canon EF 400mm f4 DO L IS USM. Ich habe es jetzt einige Zeit im Einsatz gehabt und kann denke ich ein gutes Urteil über die Performance fällen.
Zuerst zum wichtigsten Punkt: das hier wird kein Pixelpeeper-Review in dem ich irgendwelche Testcharts vergleiche. Aber trotzdem muss ich einen kurzen Punkt zum Thema Schärfe loswerden: Wenn der Fokus sitzt, dann ist die Schärfe nicht zu bemängeln und ein kleiner Eingriff in der Bildbearbeitung mit dem Klarheit- und Texturregler in Lightroom machen die Bilder sehr gut verwendbar. Damit ist zum doch relativ objektiv bewertbaren Punkt Schärfe eigentlich alles gesagt.
Die chromatischen Aberrationen und andere Bildfehler halten sich größtenteils im Rahmen, sodass man sie außer in Extremsituationen (Gegenlicht und gegen den weißen Himmel fotografiert) meistens auch ganz gut wegbekommt. Die einzige wirkliche Schwäche in der Hinsicht ist die Tendenz zu doch recht deutlichen Flares, sodass ich eigentlich immer die Streulichtblende verwende außer um den Effekt gezielt hervorzurufen.
Jetzt zum Handling: das Gewicht mit ca. 2kg ist ein Traum, da hat Canon schon einmal alles richtig gemacht und ein Objektiv, das sich auch lange freihand nutzen lässt, konstruiert. Es ist schön ausbalanciert, zumindest mit einem etwas schwereren Gehäuse als meiner Canon EOS M50. Da muss ich schon eine recht lange Stativplatte verwenden um die Klemmung so gesehen vor dem Objektivfuß zu befestigen. Aber freihand findet meine Hand wie von selbst den Fokusring.
Jetzt zum eigentlichen objektiven Negativpunkt: dem Fokus. Da ich seit ein paar Jahren fast ausschließlich manuell fokussiere, ist das für mich ein sehr wichtiger Punkt. Und da muss ich leider sagen, dass das Objektiv mich sehr enttäuscht hat. Trotz elektronischem Sucher und Lupe ist es nicht gerade leicht den Fokus richtig zu treffen. Das Bild sieht oft scharf aus, ist es aber dann in Realität leider doch nicht ganz sondern der Fokus ist minimal verschoben. Der Autofokus der M50 ist da dann leider auch keine besonders große Hilfe, auch der ist oft nicht ganz zuversichtlich. Zur absoluten Katastrophe wird es dann aber beim Fokussieren im Gegenlicht, da habe ich bis jetzt fast keine scharfen Fotos produziert und vermeide es inzwischen das Objektiv dafür zu verwenden.
Zum Autofokus mit DSLRs kann ich leider nicht besonders viel sagen, da ich es nur einmal kurz an einer EOS 80D hängen hatte. Dabei ist mir jetzt keine besondere Schwäche aufgefallen, der AF war schneller als mit meinem 300mm f4 L IS, aber jetzt auch nicht so besonders.
Die Naheinstellgrenze ist mit 3.5 Metern für 400mm eher lang, was in der Praxis zwar meistens nicht zu großen Problemen führen sollte (die meisten Motive bleiben ja doch weiter weg) aber manchmal, gerade bei kleinen Vögeln wie dem Zaunkönig doch eine gewisse Einschränkung bedeutet. Besonders stark fällt es natürlich auf, wenn man von einem Objektiv wie dem 300mm f4 mit einer so tollen Naheinstellgrenze von 1.5 Metern kommt und damit auch regelmäßig im Makrobereich gewildert hat.
Das Verhalten mit Telekonverter ist durchwachsen, selbst mit dem EF 1.4x III ist der optische Abfall doch nicht gerade unbedeutend. Sämtliche Schwächen werden verstärkt, inklusive der Schwierigkeiten, den richtigen Fokus zu finden. Deswegen habe ich es nicht besonders gerne mit Extender eingesetzt, den finalen Bildern sieht man es zwar in der üblichen Größe/Auflösung nicht an, es hat aber einfach nicht so viel Spaß gemacht.
Und jetzt zu einem für mich subjektiv sehr wichtigen Punkt; es sind einfach keine 300mm, die ich über viele Jahre kennen und lieben gelernt habe. Der Bildausschnitt fühlt sich einfach oft ein bisschen zu eng an um die für mich richtigen Bilder zu erreichen. Aus diesem Grund bin ich gerade sehr nahe daran das Objektiv einfach wieder zu verkaufen und gegen ein Canon EF 300mm f2.8 L IS USM “einzutauschen”.
Wegen all diesen Gründen habe ich es diese Woche wieder verkauft und warte jetzt auf ein Paket aus Norddeutschland, das ein Canon EF 300mm f2.8 L IS USM enthalten sollte. Danke dafür an Jan! (jansohler.de)
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